Hombroicher Komparativ | Bartek Juretko

HOMBROICHER KOMPARATIV

Die Insel Homboich ist eine Flucht aus dem schmutzigen Alltag in die Natur. Die Verbundenheit zur Natur steht hier auf der Insel in enger Verbindung mit der Freiheit - also nichts anderes als das, was Kant als Anthropologie angestrebt hat mit einer Synthese seiner Theoretischen (Natur) und Praktischen (Freiheit) Vernunftphilosophie, aber für den Menschen.
Der Freiheitsbegriff ist wohl eine der eigentlichen Neuerungen die Kant der Philosophie gebracht hat. Freiheit aus der praktischen Vernunftperspektive aus gesehen, wirkt immer bedingt. Was für ein Widerspruch möchte man meinen, aber die bedingenden Umstände sind nichts anderes als jene transzendentalen Gründe, die die Frage beantworten, was man tun soll: ein Sittengesetz, welches alles Handeln bedingt, zwingt gleichzeitig den Freien Willen zu einer Pflicht.

Was soll ich tun? fragt Kant als Leitfaden zum Kategorischen Imperativ. Was soll ich bauen? frage ich mich als junger Architekt. Was deutlich wird in der Neuerung Kants ist, dass Mensch und alles Leben nicht ohne die theoretische und die praktische Vernunft zu denken ist. Leben bedeutet immer bedingt zu sein durch den Willen und seine Konsolidierung.
Was bedutet das für mich als Architekten in meinem Handeln? Was sind das für Pflichten denen ich nachkommen sollte? Wie ist die Freiheit des Bauens bedingt?

Hier auf einem Grundstück angrenzend an die Insel Hombroich ist das nicht nur der gedankliche Rahmen, sondern leibliche Präsenz: Ein Grundstück so klein, dass es die Möglchkeiten des Bauens räumlich und demografisch bedingt. Ein Landschaftsschutzgebiet mit der Krankheit “Homo Faber”, mit Menschen, die schaffen möchten und die Natur beanspruchen, wo man Natur bewahren möchte.
Mit Kants Worten mag man hier von Dialektik sprechen, die nach einer Auflösung des Widerspruchs sucht, aber vielleicht sollte man sich hier lieber mit der Hegelschen Dialektik bedienen, die im doppelten Sinne aufhebt, die zumindest die Gegenwart zweier Gegenpole als Eigenschaft akzeptiert und eine neue übergeordnete Kategorie schafft, die man hier vielleicht als Kompromiss bezeichnen mag.

Aus der Agenda heraus sich zu viert plus Werkstatthaus auf dem gegebenem Grundstück niederlassen zu wollen, entsteht auch hier einmal räumlich eine Bedingtheit, aber auch menschlich erfährt das Kollektiv der vier Ateliers eine Auseinandersetzung mit der Praktischen Vernunft untereinander.
Die Erscheinung des Gebäudes wird hier an meinem Beispiel weiter bedingt durch mathematische Proportionen, jene der Goldenen Proportion. Freiheit misst sich am Maß der Bedingung, zu der sie verpflichtet wird. Die Freiheit meines Gebäudes misst sich formal an dem Maß jener Goldenen Bedingung, die in der Natur mannigfaltig präsent erscheint.